“Contact Tracing” ist der englische Begriff für “Kontaktnachverfolgung” und genau das ist ein wichtiger Baustein gegen die Verbreitung des Coronavirus. Bundesweit sind Gesundheitsämter damit beschäftigt, die Personen zu identifizieren, welche sich im Umgang mit COVID-19-infizierten Patienten selbst angesteckt haben könnten. In Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege werden die Contact-Tracing-Teams nun von ehrenamtlichen Einsatzkräften des Technischen Hilfswerks (THW) unterstützt.
Oliver Herrmann aus dem THW-Ortsverband Forchheim und Stefan Beiter aus dem OV Erlangen unterstützen die Detektivarbeit im Landratsamt Forchheim. Beide wurden von ihren Arbeitgebern freigestellt, um über einige Wochen bei der Eindämmung der Corona-Pandemie zu unterstützen. In einem Interview erklärt Oliver, wie der Einsatz für ihn aussieht.
Wie wurdest du auf die Arbeit vorbereitet?
Zu Beginn gab es einen groben Umriss wie sich unsere Tätigkeit hier im Gesundheitsamt zusammensetzt und was uns erwartet. Im Anschluss wurden wir mit der Contact Tracing Team (CTT) Schulung vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Bayern (LGL) nochmal genau informiert. Hier gab es weitreichendere Informationen zum Corona-Virus, wie es sich verhält, verbreitet und mit welchen Maßnahmen man derzeit etwas dagegen tun kann. Da die Kontaktpersonennachverfolgung am Effektivsten und Schnellsten per Telefon durchgeführt werden kann, haben wir zudem noch hilfreiche Informationen zur Gesprächsführung bekommen, wie z. B. einen strukturierten Fragebogen, bei dem alle wichtigen Informationen systematisch geklärt werden können. Dazu gab es noch viele Hinweise und Tipps, wie man ein Telefonat professionell aber auch mit dem notwendigen Einfühlungsvermögen gestalten kann.
Es folgte die Einarbeitungsphase am PC. Hier wurden mir sämtliche Programme, mit denen das Gesundheitsamt die Pandemie bewältigt, vorgestellt und ich konnte mich in kürzester Zeit dem Anlegen von Fallakten und Einpflegen neuer Kontaktpersonenpersonen widmen. Zur Seite stand mir immer ein Containment Scout vom Robert Koch Institut (RKI) und/oder ein Mitarbeiter aus dem festen Contact Tracing Team des Landratsamtes Forchheim. Bei Fragen aller Art konnte mir hier immer eine passende Antwort oder ein Lösungsvorschlag präsentiert werden – ich fühlte mich gut umsorgt.
Wie läuft so ein Telefonat ab?
Zu allererst stelle ich mich vor und vergewissere mich, ob ich mit der richtigen Person spreche. Wir klären im weiteren Verlauf alle Fragen, die jedoch immer nach Situation des Patienten etwas variieren. Wir befragen die betroffenen Personen auch über Ihren Gesundheitszustand, die bisherigen Symptome und/oder Vorerkrankungen um sie eingehender beraten zu können. Anhand von RKI-Vorgaben kategorisieren wir dann alle Personen ein und setzen daraus die Quarantäne fest. Selbstverständlich informieren wir die Betroffenen über die allgemein geltenden Quarantäne-Regeln und deren Umsetzung. Im Anschluss wird ein Termin für den Corona-Abstrich vereinbart. Nicht selten kommt es vor, dass abschließend viele Fragen der Anrufer geklärt werden müssen.
Wie reagieren die Bürger in den Telefonaten?
Ich hatte bis jetzt das Glück, nur mit freundlichen Bürgern zu telefonieren. Klar gibt es hin und wieder Fälle, in denen Personen mit der jetzt anstehenden Quarantäne nicht einverstanden sind. Dies hat verschiedene, vor allem auch private Gründe. Beispielsweise sind Termine wie Geburtstage oder Familientreffen solche, die anstehen und die sie gerne einhalten möchten. Im Umgang mit schwierigen Bürgern sind wir ebenfalls gut vorbereitet worden. Man muss die Sorge der Bürger ernst nehmen und gleichzeitig schon klar machen, dass ein aggressives Verhalten am Telefon keiner Seite nützt, die Situation zu klären. Im Großen und Ganzen reagiert der Großteil der Bürger aber besonnen und mit Verständnis für die Situation. Oft zeigt sich eine große Dankbarkeit für unsere Arbeit und sie fühlen sich gut betreut, wenn wir uns zwischendurch melden und uns nach ihrem Gesundheitszustand erkundigen. Die Unterschiedlichkeit der Menschen am Telefon macht meinen Job so interessant.
Wie gestaltet sich dein Tagesablauf?
Ich komme zwischen 7:30 und 8:00 Uhr hier im Landratsamt an und richte erst mal meinen Arbeitsplatz, sprich das Telefon und den PC ein. Mit den Teamleitern bespreche ich dann kurz, welche Arbeit zuerst gemacht werden muss. Dann geht es auch schon los. Zu den meisten Arbeiten gehören das Mitteilen der Testergebnisse, Kontaktpersonen anrufen und nach dem Gesundheitszustand erkundigen sowie das Erfassen von neuen Kontaktpersonen.
Alle aus dem Stamm-CT-Team sind hier in allen Bereichen des Gesundheitsamtes in der Pandemiebewältigung tätig, um im Notfall flexibel zu sein und auf einen Ansturm schnell reagieren zu können. Somit ist jeder Tag abwechslungsreich, spannend und es wird nicht langweilig :)
Hast du noch weitere Aufgaben außer die Telefonate?
Naja, da der größte Teil meiner Arbeit am Telefon gemacht werden muss, sind die restlichen Aufgaben überwiegend organisatorischer Art, also Dokumentationen, Archivierungen, Anlegen von Fallakten am PC. Das Verfassen von Aktenvermerken erfordert viel Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit. Hier bewahrheitet sich der Spruch „Wer schreibt – der bleibt!“. Jedes noch so kleine Detail wird mithilfe von detaillierten Erfassungsbögen aufgenommen und weiterverarbeitet.
Woher wisst ihr, welche Personen ihr kontaktieren müsst?
Für positiv getestete Personen besteht nach Infektionsschutzgesetz eine Meldepflicht. Labore müssen uns also unverzüglich diese Testergebnisse mitteilen, worauf wir die Kontaktaufnahme beginnen. Die Indexfälle müssen uns dann eine Kontaktpersonenliste zukommen lassen, bei denen wir ebenfalls beginnen zu ermitteln und zu kontaktieren.
Was möchtest du sonst noch loswerden?
Die Arbeit hier im Team ist wirklich umfangreicher als man auf den ersten Moment denken mag. Nach nun über einer Woche intensiver Arbeit habe ich immer noch nicht alle Kniffe raus. Aber dafür ist das Team hier schon sehr eingespielt und hilft einem bei Fragen und Problemen immer weiter. Trotz der hohen Arbeitsbelastung sind alle nett und freundlich. Gerade bei diesem Stress ist es wichtig, dass sich alle gut verstehen. Abgesehen davon ist es echt interessant, mal einen tieferen Einblick in die Organisation eines Landratsamtes zu erhalten. Und es ist kein normales Einsatzgebiet wie man es sonst im täglichen Leben vom THW kennt.
Ein Dank für die Möglichkeit dieses besonderen Hinter-die-Kulissen-Blickens sowie den schnellen und unkomplizierten Vorgang geht an den Leiter des CTT in Forchheim, Markus Hümmer.